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Implementation von Projektunterricht im Rahmen von Schulreform

Implementation von Projektunterricht im Rahmen von Schulreform

Projektleiter: Heiko Kastner
Finanzierung: Eigenprojekt des ZSB (ehemals ZSL)
Laufzeit: 09/1999 - 05/2001
Kurzbeschreibung: Projektunterricht hat in den deutschen Schulen in den letzten Jahren einen festen Platz eingenommen und ist an vielen Schulen zum Teil des Schulprofils geworden. In der einschlägigen Projektliteratur finden sich immer wieder Verweise auf den Zusammenhang von Projektunterricht und innerer Schulreform (vgl. u.a. Hänsel 1997, Bastian/Gudjons 1991, Bastian/Gudjons 1990, Duncker/Götz 1988, Bastian/Schnack 1997). Das primäre theoretische Interesse bestand in diesem Kontext darin, Lehrerinnen und Lehrer über didaktische und sozialisationstheoretische Begründungen zu einer Reform des Schulalltags zu ermuntern, die sich in einem Spannungsverhältnis von gegebenen institutionellen Bedingungen und der Konzeption des Projektunterrichts vollzieht. Im gleichen Kontext stand auch im Land Sachsen-Anhalt der Projektunterricht, der auch hier nach dem Jahr 1989 in den Schulen zunehmend Realisierung fand.
Neuere bildungspolitische Diskussionen intendieren, im Bewusstsein von gesellschaftlichen Veränderungsprozessen, solche Veränderung der Schule durch die Veränderung der institutionellen Rahmung. So erhielt im Land Sachsen-Anhalt die Durchführung von Projektunterricht in der 5.&6. Klasse mit der "Einführung der Förderstufe" den Status von Verbindlichkeit, da an die schulstrukturelle Reform gleichzeitig eine Reform des Unterrichts gekoppelt wurde. Pflichtprojekte als "umfassende Veränderungsperspektive von Schule und Unterricht" (Bastian/Schnack 1997, S.166) wurden Bestandteil "komplexer Schulentwicklung" (Rolff 1998, S.326).
Im Anschluss an das Projekt "Wissenschaftliche Begleitung der Einführung der Förderstufe in Sachsen-Anhalt", welches über den Zeitraum von zwei Jahren die Umsetzung eines landesweiten Schulreformprojektes formativ evaluierte, soll vertiefend ein Aspekt dieser Reform, die Einführung von drei verbindlichen Projektwochen pro Klasse und Schuljahr und die damit verbundenen Entwicklungen, analysiert werden. Ein zentrales Forschungsergebnis des o.g. Projektes ist, dass sich die verpflichtend eingeführten Projektwochen rückblickend als der Bestandteil der Förderstufe erwiesen, in dem sich im Sinne einer allgemeinen Realisierung erweiterter Lehr- und Lernformen die größten Veränderungen gegenüber traditionellem Unterricht zeigten. Erkennbar waren diese sowohl durch die in dieser Unterrichtsform genutzten Arbeits- und Sozialformen als auch bei den in Vorbereitung, Durchführung und Auswertung existenten kollegialen Kooperationsformen. Damit stellen sich die Projektwochen nicht nur als Unterrichtsform dar, in der verstärkt ein Beitrag zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen geleistet wird, sondern auch als ein wirksamer Motor dieser Schulreform, durch den in beachtlichem Umfang Entwicklungsprozesse hin zu einer veränderten Schulpraxis initiiert wurden.
Im Rahmen des o.g. Projektes wurden an vier Sekundarschulen des Landes Sachsen-Anhalt 32 Projektwochen teilnehmend beobachtet, Schulportraits erstellt, Interviews mit Lehrerinnen und Lehrern und Gruppendiskussionen mit Schülerinnen und Schülern durchgeführt. Die Analyse des vorliegenden Datenmaterials folgt methodologisch dem qualitativen Forschungsparadigma der ‚Grounded theory' und wird maßgeblich mit dem Computerprogramm ‚WinMax' durchgeführt (vgl. u.a. Glaser/Strauss 1996, Kuckartz 1999, Kuckartz 1998).
Auf der Grundlage der qualitativen Daten soll vertiefend der Frage nachgegangen werden, welchen Einfluss die Implementation von Projektwochen auf die Realisierung von Schulreform haben kann. Die insgesamt sechs Projektwochen in Klasse 5 & 6 bergen für die Einzelschule in dieser Hinsicht eine Basis für langfristige Entwicklungsprozesse auf verschiedenen Ebenen. Mich interessiert die Frage, wie diese Grundlage genutzt wird, worin hemmende und förderliche Faktoren für das Gelingen von Projektunterricht liegen, wie mit dem Spannungsverhältnis von Projektunterricht und Organisation der Schule umgegangen wird, wo Probleme bzw. Potentiale bestehen, was in Sachsen-Anhalt damit erreicht wurde und wie der erreichte Entwicklungsstand im Sinne eines utopischen Entwurfs sinnvoll fortgesetzt werden könnte. Dabei wird die Frage nach der Realisierung von Projektwochen in den Kontext schulinterner Unterstützungssysteme, Kooperationsstrukturen, Evaluations- und Entwicklungsprozessen gestellt und ein Beitrag zur Theorieentwicklung in diesem Bereich in den Blick genommen.

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