Soll die Türkei ein Mitglied der EU werden?
Thema „Soll die Türkei ein Mitglied der EU werden?" - Eine Podiumsdiskussion für die gymnasiale Oberstufe
von Andreas Dietz
abgedruckt in: Gesellschaft - Wirtschaft - Politik (GWP) 3/2005, S. 353-363
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Auszug
1. Einleitung
Im Mai 2004 traten zehn neue Mitgliedsländer der Europäischen Union bei. Im April 2005 stimmte das EU-Parlament der Aufnahme von Bulgarien und Rumänien zu. Beitrittstermin ist voraussichtlich das Jahr 2007. In diesem Herbst schließlich sollen die offiziellen Beitrittsverhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei beginnen. Am Ende eines solchen langjährigen Verhandlungsprozesses stand bisher immer die Vollmitgliedschaft des jeweiligen Kandidatenlandes. Ob dieser Automatismus auch im Falle der Türkei greift, bezweifeln viele. Zu groß seien die kulturellen Differenzen, zu gewagt eine Überdehnung der EU, warnen die einen. Von wirtschaftlichen Vorteilen und reformerischen Idealen schwärmen die anderen. Besonders vor dem Hintergrund des vorerst gescheiterten Verfassungsvertrages wird um die Prioritäten der EU (Erweiterung oder Integration) erneut gestritten. In dieser – auf zwei Einzelstunden angelegten – Unterrichtsreihe sollen Schülerinnen und Schüler eine Podiumsdiskussion vorbereiten und durchführen. Ziel soll sein, Pro- und Contra-Argumente zu sammeln und gegenüberzustellen, um eine auf solidem Wissen basierende politische Urteilsbildung zu ermöglichen, die über Vorurteile hinausgeht. Die Podiumsdiskussion ermöglicht zudem die Erfahrung einer Atmosphäre demokratischen Umgangs in einer formalisierten Gesprächssituation. Schülerinnen und Schüler schlüpfen in Rollen von Politikern und Experten. Sie üben so die Übernahme von Perspektiven auch der jeweils anderen Partei. Das Podium ist zudem ein Ort von Kontroversität, wie sie spätestens seit dem Beutelsbacher Konsens für den politischen Unterricht immer wieder gefordert wird. Die vorgestellte Unterrichtsreihe wurde im April 2005 in vier zehnten Klassen des Zabel- Gymnasiums in Gera (Thüringen) durchgeführt. Sie lässt sich problemlos in das übergreifende Thema Europapolitik bzw. Europäische Integration einfügen. Zugrunde liegt der Reihe die methodische und inhaltliche Anregung eines Lehrbuchs im Buchner-Verlag: „Europa im 21. Jahrhundert“ (Handwerger 2003: 160-166). Leider ist die dort vorgeschlagene Methode der Podiumsdiskussion nicht ausreichend erläutert. Auch handelt es sich bei der Podiumsdiskussion um eine bisher wenig im Unterricht eingesetzte Methode. Ich habe daher eigene Erfahrungen in der Planung und Durchführung von Podiumsdiskussionen aus ehrenamtlicher Tätigkeit in der außerschulischen politischen Bildung genutzt, um die Methode für den Unterricht praktikabel zu machen. Gleichzeitig liegt eine für die praktische Planung hilfreiche Dokumentation der Talkshow, einer dem Podium verwandten Methode, von Hans-Werner Kuhn vor (Kuhn 2004: 117-144) sowie ein Beitrag von Klaus-Peter Hufer in Sowi-Online (Hufer 2001). Letzterer zielt allerdings nicht darauf ab, Schülerinnen und Schüler in der Rolle von Diskutanten agieren zu lassen, sondern echte Experten und Politiker einzuladen (knapper auch Hufer 2000: 130). Auf eine ausführliche inhaltliche Analyse zur Frage des EU-Beitritts der Türkei soll hier verzichtet werden. Diese Arbeit wurde bereits in früheren Ausgaben dieser Zeitschrift von Petra Zimmermann-Steinhart (2003: 89-97) und Martin Große Hüttmann (2005: 149-161) geleistet. Nach einer knappen Darstellung der Ziele und wesentlicher Planungsaspekte zur Podiumsdiskussion findet sich hier ein erläutertes Ablaufschema der beiden Unterrichtsstunden mit ausgewählten Materialien: Die jeweils mit ursprünglicher Quellenangabe versehenen Zitate sind – mit einer Ausnahme (dem Interview mit Ozan Ceyhun in der taz) – auch im o.g. Lehrbuch sowie im GWP-Beitrag von Zimmermann-Steinhart enthalten. Weiterhin ist ein Vorschlag für die Erarbeitung eines Gesprächsleitfadens für den Moderator des Podiums angefügt. Er enthält auch Anregungen zur Einrichtung von Rollen, die die Schüler auf dem Podium einnehmen.
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