Elementare Bildung und Distinktion
Projektleiterin
Prof. Dr. Johanna Mierendorff , Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Pädagogik (i)
Mitarbeiter/innen
Dr. Thilo Ernst (i), Dipl.-Päd. Marius Mader (i), Dipl.-Päd. Gesine Nebe
Kurzdarstellung 2. Förderphase (2014-17)
Zentraler Bezugspunkt des 2011 begonnenen Projekts ist die zunehmende Verbreitung gewerblicher, hochpreisiger Anbieter von Kindertagesbetreuung, die in Medien und (Fach-)Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden. Untersucht wird die Frage, inwiefern und auf welche Weise sich Prozesse institutioneller Besonderung und Distinktion vollziehen. Im Blickpunkt der bisherigen Arbeit standen Fragen nach der Anwahl der Einrichtungen durch Eltern, der Auswahl durch die Einrichtungen sowie nach Praktiken sozialer Distinktion. Neben der starken Reziprozität von An- und Auswahl kann als zentrales Ergebnis der bisherigen Arbeit festgehalten werden, dass Praxen der Distinktion auf die spezifische Organisationskultur der jeweiligen Einrichtung verweisen.
Im Zentrum der zweiten Förderphase stehen drei Ziele. Zunächst wird die Frage nach der Passung zwischen angebots- und nachfrageseitigen kollektiven Orientierungen und Strategien gestellt; sie wird als Voraussetzung der möglichen Verstetigung von Organisationskulturen angenommen. Zweitens fragen wir nach Prozessen der Kohärenzbildung selbst. Da von einer Pluralität von Kulturen in Organisationen auszugehen ist, erfolgt hier die Inblicknahme von kohärenzbildenden Interaktionen zwischen den verschiedenen Organisationsmilieus, die Grundlage aber auch Ausdruck einer funktionierenden und auf Dauer gestellten Organisationskultur sind. Drittens findet eine Synthese in Profilen institutioneller Kleinkindbetreuung statt, die sich als einrichtungszentrierte Fallstudien verstehen lassen, in denen Erkenntnisse zur Struktur und Regulierung des Elementarbereichs, die konkreten Angebote der Einrichtungen, Aspekte der lokalen Angebotslandschaft und Ergebnisse zu den Mechanismen der Elitebildung zusammenfließen. Eine solche Zusammenschau ermöglicht eine Relationierung der Einrichtungen und liefert damit Erkenntnisse zu den aktuellen Differenzierungsprozessen in der Einrichtungslandschaft.
Kurzdarstellung 1. Förderphase (2011-14)
Bezugspunkt des DFG-geförderten Projekts ist der Bedeutungs- und Funktionswandel außerfamilialer Kleinkinderziehung in Deutschland. Wesentliche Aspekte sind dabei die fortschreitende Transformation des Elementarbereichs in Richtung der ersten Stufe des Bildungssystems einerseits, sowie der Wandel von kompensatorisch-fürsorgerischer Leistung hin zu einem modernen und tendenziell marktförmigen Dienstleistungsangebot auf der anderen Seite.
Für das Feld öffentlicher Kleinkinderziehung ist im Zuge dieser Entwicklungen eine weitere Ausdifferenzierung der Angebote festzustellen, die eine zunehmende Verbreitung freigewerblicher Träger einschließt. Im Kontext verstärkter medialer und fachöffentlicher Aufmerksamkeit wird dieses Phänomen als eine mögliche Abkehr vom etablierten Prinzip eines »Kindergartens für alle« verhandelt. Die im Finanzierungsmodell der genannten Einrichtungen bedingte ökonomische Zugangsbeschränkung steht in dieser Debatte als willentliche Abgrenzungsbewegung von einem institutionell im Grundsatz egalitär verfassten Elementarbereich im Raum.
Im Fokus des Projekts steht entsprechend die Frage, wie institutionelle Distinktionsprozesse in Gang gesetzt und aufrechterhalten werden und damit zur Bildung hierarchischer Strukturen im Elementarbereich beitragen. Neben der Herstellung organisationaler Ordnung wird insbesondere die interaktionelle und intersubjektive Herstellung von Kohärenz zwischen den am Prozess Beteiligten in den Blick genommen. Die Daten werden mit einem methodischen Mix aus teilnehmender Beobachtung, offenem Interview und Dokumentensammlung in freigewerblichen und konventionellen Einrichtungen erhoben und mit rekonstruktiven Verfahren ausgewertet.
Publikationen und Vorträge
Informationen zu Publikationen, Working Papers und Vorträgen des Projekts finden Sie hier.